Es gibt Dinge im Leben, die lernt man erst als Erwachsener so richtig lieben. Wandern ist eines davon. Wandern mit Kindern gilt bei vielen als Ding der Unmöglichkeit. Als Kind hat schon jeder noch so kleine Spaziergang bei mir sofort alles in Quengelmodus umgestellt und noch als Teenager habe ich jedem in Hörweite erläutert, wie unsinnig ich es finde, dass Menschen einfach laufen um des Laufens willen. So ganz ohne Sinn und Verstand.

Erst im Erwachsenenalter hat sich das Blatt gewendet und plötzlich habe ich ganze Urlaube nur um das Erklimmen von Bergen und Spazieren durch Wälder geplant. Nirgends sonst komme ich so gut runter. Die Natur, gepaart mit der Anstrengung des Laufens ist die perfekte Kombination, um den Alltag hinter sich zu lassen. Und auf keine Weise kann man in meinen Augen ein Land oder einen Ort besser kennenlernen, als wenn man sich zu Fuß, am besten noch abseits der Touristenpfade, fortbewegt.

Ist das Wandern auch mit Kleinkind noch möglich?

Nun ist es so, dass in meinem Leben aktuell Typ 1 – Kinder – und Typ 2 – wanderbegeisterte Erwachsene – aufeinandertreffen. Man könnte nun also sagen, dass diese Lebensphase einfach nicht die der großen Wanderungen ist und wir nun für ein paar Jahre einfach Strandurlaub machen, bis die Kinder „aus dem gröbsten raus“ sind. Aber wann wäre das?

Unsere Kinder sind aktuell 1 und 4. Wenn sie so ticken wie ich als Kind, dann gehen wir nicht mehr Wandern, bis die Kinder ausgezogen sind. Die Herausforderung ist also, uns früher die Möglichkeit für die ein oder andere Wanderung zu ermöglichen als in 18 Jahren. Idealerweise sogar so, dass alle dabei Spaß haben. Denn dass die Bewegung an der frischen Luft den Kindern gut tut, darüber brauchen wir glaube ich nicht streiten. Nur wie wird Wandern auch zum schönen Erlebnis für eine eigentlich enorm lauffaule Vierjährige?

Getestet auf unseren Reisen nach Costa Rica, Schweden oder Teneriffa aber auch im Berliner Umland haben wir die ultimativen Regen für das Wandern mit Kleinkindern entwickelt. 🙂

Wandern mit Kindern in Fjällbacka, Schweden
Wandern mit Baby und Kind in Fjällbacka, Schweden

Regel Nummer 1 beim Wandern mit Kindern: Wir gehen nicht wandern!

Die wichtigste Regel ist zugleich die einfachste. Wir gehen nicht wandern! Niemals! Wir gehen Trolle suchen, Tiere entdecken, Steine sammeln, Beeren pflücken oder die beste Badestelle finden. Denn bei kleinen Kindern geht es oft einfach um die Einstellung. Sie können nämlich wahnsinnig schnell und wahnsinnig weit laufen, wenn sie nur wollen. Und deshalb ist die richtige Story rund um euren Ausflug oft schon die halbe Miete.

Bei uns ist gerade alles rund um Prinzessinnen und Könige hoch im Kurs, das heißt Wanderungen mit alten Schlössern oder Burgruinen sind beinahe schon ein Selbstläufer. Die kleine liebt es, ewig darüber zu sprechen wer hier wo und vor allem wie früher gelebt hat und dabei schmelzen die Kilometer von ganz allein.

Regel Nummer 2 beim Wandern mit Kindern: Unterschätzt NIEMALS die Kraft der Snacks!

Wenn es eine goldene Regel auf Ausflügen jeglicher Art mit Kindern gibt, dan ist es diese: Packe niemals zu wenig zu Essen ein. Beim Wandern ist dies nochmal wichtiger. Frische Luft und Bewegung machen hungrig. Hunger macht schlechte Laune. Schlechte Laune und der nächste zu bewältigende Anstieg sind keine keine gute Kombination. Das gilt es um jeden Preis zu vermeiden. Mein Tipp, lieber ein Brot mehr am morgen schmieren und zur Sicherheit immer Notfall Riegel, Kekse, Nüsse oder ähnliches in der Tasche haben.

Verschiedene Snacks haben auch den Vorteil, dass man bei einem Motivationstief immer schnell ein „Notfall-Picknick“ ausrufen kann. Eine kurze Pause an einem schönen Ort, am besten durch die kleinsten Wanderer ausgesucht, und etwas zu essen lassen die Stimmung fast immer wieder sonniger werden. Danach kann weiter gekraxelt werden.

Regel Nummer 3 beim Wandern mit Kindern: Das Kind braucht eine Aufgabe!

Ausnahmen bestätigen sicher die Regel, aber ich würde behaupten, dass die meisten Kinder noch nicht die pure Freude am Laufen an sich entdeckt haben. Umso wichtiger deshalb, dass sie während einer Wanderung nicht einfach nur stur vor sich hin laufen, sondern gleichzeitig eine wichtige Aufgabe haben.

Die Möglichkeiten sind hier schier unendlich. Kinder können euer Guide auf der Tour sein. Viele Wanderungen sind so gut ausgeschildert, dass die Kleinen ohne Weiteres mit Hilfe der Markierungen den Weg finden können. Selbst Kleinkinder können mit der Suche nach dem nächsten roten Punkt (oder welcher Markierung eure Tour auch immer hat) super beschäftigt werden. Eine andere Möglichkeit ist das Aufspüren von Tieren. Auch das Sammeln der schönsten Steine ist eine Option, die aber mittelfristig für die Eltern auch schwer werden kann. Hier gilt wieder wie überall sonst, je nach Interesse und Fähigkeiten der Kinder sowie Gegebenheiten vor Ort kann man die passende Aufgabe aussuchen.

Wichtig zu beachten ist hier nur, dass es eine lösbare Aufgabe ist. Tiere suchen, wenn es keine zu entdecken gibt oder den Weg finden, wenn selbst die Erwachsenen nicht sicher sind, wo es lang geht kann schnell zu Frustration führen. Wenn man das berücksichtigt, ist aber schon wieder ein großer Schritt Richtung entspannte Familienwanderung gemacht.

Regel Nummer 4 beim Wandern mit Kindern: Kennt die Fähigkeiten eurer Nachwuchs-Wanderer!

Motivation und Ansporn in allen Ehren, aber wichtiger noch ist tatsächlich das Auswählen der passenden Tour. Wir haben mit unserer Großen mit damals etwa dreieinhalb Jahren mit den ersten Touren gestartet, bei denen durch die kleine Schwester das Tragen zwischendurch keine wirkliche Option mehr war. Unsere ersten Touren waren etwa 2,5 km lang. Von da haben wir uns Stück für Stück gesteigert. Schon nach ein paar Wochen haben wir gemeinsam 8 km mit viel steilem An- und Abstieg geschafft. Aber damit zu starten wäre keine gute Idee gewesen.

Auch der Schwierigkeitsgrad möchte gut ausgewählt sein. Niemand möchte die komplette Wanderung in Angst verbringen, dass das Kind hinter der nächsten Ecke die Klippe herunterstolpert. Riskante oder besonders schwierige Wanderungen sollte man, zumindest mit kleinen Kindern, also eher nicht machen. Aber zu einfache Touren sind auch nicht unbedingt die beste Voraussetzung für eine erfolgreiche Wanderung. Denn dann kommt schnell Langeweile auf. Ein bisschen kraxeln und klettern steigert in unserem Fall eher die Motivation und natürlich hinterher auch den Stolz bei den Kleinen, etwas geschafft zu haben. Und seien wir mal ehrlich, die meisten Kinder klettern ohnehin besser und sicherer als ihre Eltern. 😉

Regel Nummer 5 beim Wandern mit Kindern: Sei nie um eine Spielidee verlegen!

Natürlich dürfen auch Spiele bei keiner Wanderung fehlen. Damit meine ich keine Brett- oder Kartenspiele, sondern ganz einfache Zeitvertreibe wie „Ich-sehe-was-was-du-nicht-siehst“, Tiergeräusche erraten oder Kinder-Versionen von „Wer-bin-ich?“. Auch wer findet die schönste Feder, den schönsten Stein, das nächste Tier, und so weiter helfen bei uns die Kilometer ganz nebenbei schmelzen zu lassen.

Beim Wandern gehe ich sogar noch ein bisschen weiter. Hier lasse ich mich zu Aktivitäten hinreißen, die ich sonst auf den Tod nicht ausstehen kann. Dingen Stimmen verleihen steht ganz oben auf meiner Liste. Es bringt mir nicht einfach nur keinen Spaß, es nervt mich unendlich. Auf einer Wanderung bin ich aber durchaus bereit, eine Ausnahme zu machen. Denn eine erfolgreiche Wanderung sticht die unliebsame Aktivität in Punkte Happiness-Faktor bei Mama allemal. Unterwegs habe ich schon „Schlangen-Stöckern“ und „Blätter-Vögeln“ meine Stimme geliehen, welche sich lang und breit mit der Vierjährigen über die schöne Aussicht, die anderen Tiere im Wald oder einfach ihre Mutter ausgetauscht haben. Mein Ass im Ärmel bei hartnäckigen Motivationstiefs.

Während das sicher nicht bei jedem Kind funktioniert ist die Quintessenz daraus dennoch wichtig. Überlegt euch am besten vorher, welche Spiele oder Aktivitäten eure Kinder lieben, ihr aber in der Regel meidet. So habt ihr im Zweifelsfall einen super Motivations-Booster bei der Wanderung dabei. Wichtig ist dabei nur, dass es etwas ist, was möglichst kein Equipment erfordert, was ihr nicht auch im Wald finden könnt. Denn zu schleppen hat man beim Wandern mit Kindern bei weitem schon genug.

Regel Nummer 6 beim Wandern mit Kindern: Die richtigen Schuhe sind entscheidend!

Manche Dinge sind bei Kindern auch nicht anders als bei Erwachsenen. Ordentliche Schuhe als Voraussetzung für eine gelungene Wanderung sind definitiv eins davon. Dabei müssen es in den meisten Fällen sicher keine teuren Wanderschuhe sein. Essenziell sind gut sitzende und der Strecke sowie dem Wetter entsprechende Schuhe.

Weder die Flip Flops noch die Lieblings-Glitzer-Riemchen-Sandalen und auch nicht die neuen Gummistiefel sind ideal. Schon diese Einschränkung kann bei uns zu Hause zu heißen Diskussionen führen, aber das Durchstehen dieser ist es definitiv wert. Denn selbst wenn die Schuhe sonst super passen und im Alltag top funktionieren, auf längeren Strecken drückt und schleift es doch schneller als gedacht. Und so ganz ohne Profil fangen die Kleinen selbst bei schwachen Steigungen schnell an auszurutschen. Also am besten gemeinsam die Power-Schuhe für den Tag aussuchen und dann los.

Regel Nummer 7 beim Wandern mit Kindern: Nehmt euch Zeit!

Zu guter Letzt noch eine wichtige Grundvoraussetzung dafür, dass das Wandern mit Kindern langfristig funktioniert. Plant immer ausreichend Zeit ein. Denn alle die schonmal mit Kindern unterwegs waren wissen, dass aus einer Strecke von zehn Minuten schnell mal eine Dreiviertelstunde werden kann, weil dort ein Käfer vorbeigelaufen kam, hier Kastanien lagen oder – Gott bewahre – gegenüber eine Baustelle ist.

Was im Alltag auf Grund von Zeitnot schnell mal zu elterlichen Schweißausbrüchen führen kann, ist auf eurer Wandertour Teil des Erlebnisses. Lasst eure Kleinen die Welt entdecken, Schmetterlingen hinterherrennen, Schnecken beobachten oder minutenlang Steine in den Fluss werfen, weil es so schön platscht. Zeit für euch, einfach mal durchzuatmen, die Natur zu genießen und zu üben, nicht permanent von irgendetwas getrieben zu sein. So haben alle etwas davon.

Für den Bus zurück in die Unterkunft also genügend Puffer einbauen und auch die Dämmerung bedenken, wenn ihr euren Startzeitpunkt festlegt. Sollten die Kleinen sich einmal irgendwo festgespielt haben oder unvorhersehbare Ereignisse wie ein Wetterumschwung doch mal zur Eile drängen, dann hilft ein spontanes Fangespiel oder Wettrennen fast immer, wieder Bewegung in die Sache zu bringen. Wichtig ist einfach, dass unterwegs alle auf ihre Kosten kommen und die Kinder nicht permanent zur Eile angetrieben werden. Ziel ist ja, dass ihr bald regelmäßig losziehen könnt und sich alle schon auf die nächste Tour freuen.

Bonustipp: Nehmt Freunde mit

Gemeinsam macht alles mehr Spaß. Und so ist es auch beim Wandern. Zusammen mit anderen Kindern sind die Kleinen meistens so im Spiel vertieft, dass die Kilometer ganz unbemerkt schmelzen. Ich bin immer wieder überrascht, wie weit und vor allem schnell meine Große läuft, wenn ein anderes Kind dabei ist. Zusammen ist die Motivation eben einfach doppelt so groß. Von daher schließt euch doch einfach mit anderen Familien zusammen, wenn ihr die Chance habt und schaut, was die Gruppendynamik so in Bewegung setzen kann.

Das waren sie schon, meine 7 (+1) Tipps für mehr Spaß und Motivation beim Wandern mit Kindern. Alles kein Hexenwerk oder? Also worauf wartet ihr? Auf geht‘s nach draußen. Es gibt so viel zu entdecken…

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1 Kommentar

  1. […] Teneriffa ist zweifelsohne ein Eldorado für Wanderer. Mit Teno und Anaga Gebirge hat die Insel gleich zwei tolle Bergregionen, in denen es viel zu entdecken gibt. Nicht zu vergessen Teneriffas Wahrzeichen, der Pico del Teide und die tollen Regionen rund herum. Wusstest du, dass der Teide der höchste Berg Spaniens ist? Wenn ihr also Lust habt, gemeinsam mit den Kindern die Insel auch zu Fuß ein wenig zu erkunden, dann findet ihr im folgenden einige der besten Wandertouren mit Kindern auf Teneriffa. Und wenn du jetzt denkst, nette Idee, aber ich kriege meine Kinder eh nicht zum Wandern, dann habe ich hier noch ein paar Tipps für mehr Spaß und Motivation beim Wandern mit Kindern. […]

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